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Sozialrechtliche Informationen bei Post-COVID-Syndrom und ME/CFS

Wenn Kinder und Jugendliche an einem Post-COVID-Syndrom und/oder ME/CFS (Myalgische Encephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom) erkrankt sind, stellen sich auch sozialrechtliche Fragen. Welche Hilfen stehen den Familien zu? Ab wann und wo kann man Pflegegeld beantragen? Wann bekommt man einen Schwerbehindertenausweis? Wer kann eine Haushaltshilfe bekommen?

Wann beantrage ich Pflegegeld?

Die Eltern haben Anrecht auf Pflegegeld, bei Erkrankung des Kindes und Beeinträchtigung der Selbständigkeit, die regelmäßige Unterstützung erforderlich machen.

Wo beantrage ich Pflegegeld?

Ein Antrag auf Pflegegeld kann bei der Krankenkasse (gesetzlich oder privat) gestellt werden. Nach Eingang des Antrags vereinbart der Medizinische Dienst (MD) mit Ihnen einen Termin. Bei Privatversicherten erfolgt die Begutachtung durch Medicproof. Die Begutachtung durch den MD findet bei Ihnen zu Hause statt und dauert zwischen 30 und 90 Minuten. Der MD begutachtet die Pflegebedürftigkeit anhand von Pflegegrad-Modulen.

Welche Pflegestufe gibt?

Nach der Begutachtung erfolgt mithilfe eines Punktesystem die Einstufung in den Pflegegrad 1 bis Pflegegrad 5.

Ab Pflegegrad 1 besteht Anspruch auf den Entlastungsbetrag (125€/Monat), der z.B. für Unterstützung im Haushalt verwendet werden kann (siehe Haushaltshilfe).
Ab Pflegegrad 2 besteht Anspruch auf weitere Hilfen, wie zum Beispiel Pflegegeld oder Verhinderungspflege (1612 €/Jahr). 

Die Höhe des monatlichen Pflegegeldes ist abhängig vom Pflegegrad.

Pflegegrad 2: 316 Euro, Pflegegrad 3: 545 Euro, Pflegegrad 4: 728 Euro, Pflegegrad 5: 901 Euro

Widerspruch und Klage

Sollten Sie mit der Einstufung nicht einverstanden sein, kann Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt werden. Falls der Widerspruch nicht das gewünschte Ergebnis bringt, kann vor dem Sozialgericht geklagt werden.

Begutachtung durch den MD: Worauf müssen Sie achten?

Wichtig ist, dass Sie sich gut auf den Termin vorbereiten. Denken Sie daran, dass es sich bei der Begutachtung um eine Bedarfsermittlung handelt. Ein Video von der Fachtagung 2022 des Vereins Fatigatio e.V. kann Ihnen als Leitfaden dienen, worauf Sie in der Begutachtung achten und hinweisen sollten. 

Zur Vorbereitung kann auch ein Pflegegradrechner hilfreich sein. Hierzu finden Sie verschiedene Seiten im Internet.


Folgende sechs Lebensbereiche werden zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit begutachtet: 


Modul 1: Mobilität

Beispiele:

  • Kann die betroffene Person selbständig, also ohne Unterstützung anderer Personen, ihre Körperhaltung ändern, zum Beispiel sich allein im Liegen drehen?
  • Kann sich die betroffene Person allein fortbewegen?

Hier wird nur die Beweglichkeit bewertet. 


Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten

Hier geht es um das Verstehen und Reden, Orientieren und Gefahren Erkennen. Beispiele:

  • Findet sich die betroffene Person in ihrer Umgebung zurecht?
  • Kann sie zielgerichtete Handlungen durchführen, etwa sich selbst in der richtigen Reihenfolge anziehen?

Hier wird bewertet, ob die betroffene Person geistig dazu in der Lage ist, ins Badezimmer zu laufen. 


Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen

Hier geht es um Verhaltensweisen wie zum Beispiel zielloses Umherlaufen, herausforderndes Verhalten und Aggressionen, Ablehnen von pflegerischer Hilfe sowie nächtliche Unruhe.

Es wird bewertet, ob und wie häufig bestimmte Verhaltensweisen auftreten. 


Modul 4: Selbstversorgung

Hier geht es um die Tätigkeiten zur Versorgung des Körpers. Der Fokus liegt auf der Selbständigkeit.

Kann sich die betroffene Person waschen, duschen, anziehen, trinken, die Toilette benutzen?


Modul 5: Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Belastungen

Kann die betroffene Person ärztlich verordnete Maßnahmen selbständig umsetzen oder braucht sie Unterstützung dabei und wie oft?


Modul 6: Gestaltung des Alltags und sozialer Kontakte

Kann die betroffene Person ihren Alltag selbständig gestalten, zum Beispiel Kontakte zu Freunden pflegen, telefonieren, das Haus verlassen?

 

Hilfreiche Links zur Beantragung von Pflegeleistungen


Video des Sozialdienstes am Zentrum für Kinder und Jugendheilkunde der Universitätsklinik Freiburg für Pflegegrad
https://www.uniklinik-freiburg.de/kinderklinik/umfassende-betreuung/sozialdienst-und-sozialberatung.html#c211217


Broschüre des Bundesgesundheitsministerium zu Pflege
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Pflege/Broschueren/BMG_Ratgeber-Pflegeleistungen_zum_Nachschlagen_2023_bf.pdf


Link allgemein zu Pflege
www.pflege.de 

Wer und wann kann einen Schwerbehindertenausweis beantragen?

Das Gesetz spricht von Behinderung, wenn Menschen „körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung (…) liegt vor, wenn der Körper- oder Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.“ (§ 2 (1) SGB IX)

Wo kann man den Schwerbehindertenausweis beantragen?

Der Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis wird in Baden-Württemberg beim zuständigen Landratsamt – Versorgungsamt gestellt. Das Versorgungsamt stellt den Grad der Behinderung (GdB) fest. Der Grad der Behinderung wird zeitlich befristet festgelegt und kann bei Bedarf verlängert werden. 

Die Anträge finden Sie auf den Webseiten der Landratsämter, bei manchen Ämtern kann er auch online gestellt werden. 

Antragsformular
https://rp.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/RP-Internet/Themenportal/Soziales/Feststellen_einer_Behinderung/Dokumente/BehinderungAntrag.pdf

Grad der Behinderung und Merkzeichen

Schwerbehindert sind alle Personen mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50 (§ 2 (2) SGB IX). Ab einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 wird ein Schwerbehindertenausweis ausgestellt. Neben dem Grad der Behinderung enthält der Schwerbehindertenausweis auch sogenannte Merkzeichen, die nach Überprüfung der Voraussetzungen zugestanden werden. Diese haben folgende Bedeutung:

G = Person ist in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder erheblich gehbehindert
aG = außergewöhnlich gehbehindert
B = ständige Begleitung ist erforderlich
H = hilflos
Bl = blind
Gl = gehörlos
TBl = taubblind
RF = Rundfunk- und Fernsehgebührenbefreiung

Verschlechtert sich der gesundheitliche Zustand, kann ein Antrag auf Neufeststellung, ein sogenannter Änderungsantrag, gestellt werden. Dann ist eine erneute Feststellung durch das Amt erforderlich. Wird die Beeinträchtigung zu niedrig eingeschätzt, kann innerhalb von vier Wochen Widerspruch eingelegt werden.

Abhängig von den Merkzeichen und vom Grad der Behinderung (GdB) können verschiedene Nachteilsausgleiche in Betracht kommen.

 

Hat mein Kind einen Nachteil durch den Schwerbehindertenausweis?

Formell gesehen nicht. Durch den Schwerbehindertenstatus soll vielmehr ein bestehender Nachteil ausgeglichen werden, z.B. auch durch den Nachteilsausgleich im Arbeitsleben.

Schwerbehindertenausweis und Arbeitsleben

Bei Schwerbehinderung oder Gleichstellung steht unter anderem folgendes zu: 

  • 5 Tage mehr Urlaub pro Kalenderjahr
  • besonderer Kündigungsschutz
  • Freistellung von Schichtdienst

Die mit einer Behinderung verbundenen außergewöhnlichen Belastungen werden dann durch steuermindernde Pauschbeträge abgegolten (§33 EStG).

Pauschbetrag

Der Pauschbetrag richtet sich nach dem Grad der Behinderung. Anspruch auf einen Behinderten-Pauschbetrag hat man ab einem GdB von 20. Nutzt Ihr Kind den steuermindernden Pauschbetrag nicht selbst, können Sie diesen als Eltern auf sich übertragen lassen. Voraussetzung ist, dass Sie Kindergeld oder den Kinderfreibetrag erhalten. Um den Pauschbetrag zu erhalten, müssen Sie jedes Jahr in Ihrer Steuererklärung in der „Anlage Kind“ die entsprechenden Zeilen ausfüllen.

Macht Ihr Kind eine eigene Steuererklärung, muss es die Anlage „Außergewöhnliche Belastungen“ ausfüllen.

Die Kosten für Hilfsmittel, zum Beispiel einen Rollstuhl und Medikamente, können Sie zusätzlich zum Behinderten-Pauschbetrag als außergewöhnliche Belastungen geltend machen.

(Tabelle zu Pauschbetrag)

 

Pflege-Pauschbetrag

Der Pflege-Pauschbetrag wird ab einem Pflegegrad 2 oder mit dem Merkzeichen H im Schwerbehindertenausweis bewilligt. Um den Pflege-Pauschbetrag für Ihr Kind zu erhalten, müssen Sie diesen in der Einkommenssteuererklärung unter dem Punkt „Außergewöhnliche Belastungen / Pauschbeträge“ eintragen.

Mehr Informationen zu Pauschbeträgen

 

Hilfreiche Links zur Beantragung von Schwerbehindertenausweis

Informationen zu merkzeichenabhängigen Nachteilsausgleichen und GdB-abhängigen Nachteilsausgleichen:

https://www.betanet.de/files/pdf/nachteilsausgleiche-merkzeichen.pdf

https://www.betanet.de/files/pdf/nachteilsausgleiche-gdb.pdf


Alle Informationen zum Thema Schwerbehindertenausweis:
https://www.einfach-teilhaben.de/DE/AS/Ratgeber/01_Schwerbehindertenausweis/Schwerbehindertenausweis_node.html


Info-Video zur Antragsstellung eines Schwerbehindertenausweis finden Sie hier
https://www.uniklinik-freiburg.de/kinderklinik/umfassende-betreuung/sozialdienst-und-sozialberatung.html#c211216

Wenn das eigene Kind erkrankt, besteht kein Anspruch auf Haushaltshilfe über die Krankenkasse. Haushaltshilfe wird nur Personen bewilligt, die vor einer Erkrankung selbst den Haushalt geführt haben, was bei Kindern nicht der Fall ist.
Wenn Sie sich um Ihr krankes Kind kümmern müssen und Ihrer beruflichen Tätigkeit nicht nachgehen können, steht Ihnen das Kinderkrankengeld zu.

Wenn Ihrem Kind ein Pflegegrad zugeordnet wurde, kann eine Haushaltshilfe über den Entlastungsbetrag mitfinanziert werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Haushaltshilfe von einem anerkannten Dienstleister der Pflegekasse durchgeführt wird. Bei Pflegegrad 1 kann die Haushaltshilfe auch die Betreuung der Pflegeperson übernehmen (zum Beispiel ein Buch vorlesen).

Wenn Ihr Kind ins Krankenhaus muss und Sie sich als Begleitperson mitaufnehmen lassen, können Sie für die Tätigkeiten im Haushalt und die Betreuung der Geschwisterkinder unter 14 Jahren eine Haushaltshilfe bei.

Tritt eine akute Pflegesituation auf, können Beschäftigte kurzzeitig (bis zu zehn Tage) von der Arbeit fernbleiben, um für einen nahen Angehörigen eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Diese zehn Tage können nahe Angehörige untereinander aufteilen. Seit dem 1. Januar 2015 kann für diese Auszeit ein Pflegeunterstützungsgeld gewährt werden, welches auf zehn Arbeitstage begrenzt ist. Es handelt sich dabei um eine Entgeltersatzleistung der Pflegekasse. Nehmen mehrere Beschäftigte Pflegeunterstützungsgeld für dieselbe pflegebedürftige Person in Anspruch, ist dieser auf insgesamt zehn Arbeitstage begrenzt.

Kosten für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel können von der Krankenkasse beziehungsweise der Pflegekasse übernommen werden. Alternativ können die Hilfs- und Pflegehilfsmittel leihweise zur Verfügung gestellt werden.

Die Krankenkasse übernimmt die Kosten, wenn Hilfsmittel erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenhausbehandlung zu sichern, drohende Behinderung vorzubeugen oder Behinderung auszugleichen.

Hilfsmittel sind bewegliche Gegenstände. Treppenlifts oder Rampen sind keine Hilfsmittel. Die Einbaukosten können von der Pflegekasse bezuschusst werden, wenn ein Pflegegrad vorliegt. Die Bezuschussung erfolgt über die Antragstellung auf wohnumfeldverbessernde Maßnahmen.

Pflegehilfsmittel sind Geräte und Sachmittel zur häuslichen Pflege. Sie sollen die Pflege erleichtern und dazu beitragen, dass Beschwerden gelindert werden und pflegebedürftigen Personen eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen. Die Pflegekasse kann die Notwendigkeit für Pflegehilfsmittel durch den Medizinischen Dienst überprüfen lassen.

Bei Hilfsmitteln, die auch als Pflegehilfsmittel zählen, prüft die Krankenkasse beziehungsweise die Pflegekasse die Zuständigkeit.
Für Hilfsmittel müssen 10 Prozent, mindestens fünf Euro und höchstens zehn Euro zugezahlt werden. Man kann sich bei der Krankenkasse von weiteren Zuzahlungen im Kalenderjahr befreien oder sich diese erstatten lassen, wenn die Zuzahlungen im Jahr 2 Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen übersteigen.

Personen, die an einer schweren oder chronischen Erkrankung leiden, können die Belastungsgrenze von 1 Prozent nutzen.
Für Pflegehilfsmittel müssen 10 Prozent, höchstens 25 Euro zugezahlt werden. Personen, die die Belastungsgrenze ganz oder teilweise erreicht haben, können durch die Pflegekasse von den Zuzahlungen befreit werden.